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Was der stationäre Handel von Amazon lernen kann

Auch stationäre Händler haben vielfältige Möglichkeiten, sich der Präsenz von Amazon entgegenzustellen und seine eigenen Kunden zu begeistern.
Kai Hudetz | 11.09.2017
Dass sich Konsumenten vor dem Kauf zunächst online über ein gesuchtes Produkt informieren, ist mittlerweile schon fast Standard. So geht nahezu jedem zweiten stationären Kauf eine Informationssuche Netz voraus. Immer häufiger beziehen Konsumenten dabei Amazon mit ein, wie die Ergebnisse der ECC-Studie „Cross-Channel – Quo Vadis?“ zeigen: Vor knapp jedem fünften Kauf im Geschäft wird Amazon als Informationsquelle genutzt. Dabei werden am häufigsten Informationen über Preise sowie Kundenbewertungen eingeholt. Denn diese sind am ausschlaggebendsten für den Kauf. Das gilt auch für Smart Consumer, also Konsumenten, für die das Smartphone im Alltag eine zentrale Rolle spielt. Händler sollten diese Zielgruppe verstärkt im Blick behalten, da Online-Shopping über das Smartphone mehr und mehr zum Alltag wird. Amazon steht zudem in puncto Markenauswahl hoch im Kurs: Ein Drittel aller für die Studie befragten Konsumenten und rund 43 Prozent der Smart Consumer informieren sich bei Amazon über das Markenangebot innerhalb einer bestimmten Produktkategorie – Marken, die auf Amazon nicht präsent sind, verlieren somit an Bedeutung.

Amazon ist beliebter Onlinekaufort mit den zufriedensten Kunden

Amazon wird aber natürlich nicht nur zur Informationssuche herangezogen, sondern auch zum Kauf: Knapp 42 Prozent der befragten Online-Shopper haben ihren letzten Onlinekauf bei Amazon getätigt. Vor fast jedem zweiten Amazon-Kauf informieren sich Konsumenten zudem ausschließlich bei Amazon. Dies gilt insbesondere für Heavy-Amazon-Shopper, die Amazon-Prime-Mitglied sind und mindestens die Hälfte ihrer Onlineeinkäufe (inklusive Lebensmittel) bei Amazon tätigen. Neben dem umfassenden Sortiment, der schnellen Lieferung und der einfachen Retourenabwicklung, wird Amazon vor allem durch die Convenience und die hohe Zuverlässigkeit für viele Kunden attraktiv. So ist es auch nicht verwunderlich, dass Amazon-Kunden die zufriedensten Kunden im deutschen Handel sind.

Händler müssen auf Kundenzentrierung und Kanalexzellenz setzen

Die beschriebene „Amazonisierung“ wird von stationären Händlern oft als Quelle allen Übels gesehen, in der Realität treibt aber oft eine schlechte Händlerperformance Konsumenten dazu, online zu kaufen. Denn Kunden gehen oft im Geschäft verloren. So haben mehr als drei Viertel der Konsumenten, die sich im Geschäft über ein Produkt informiert haben und noch nicht wussten, wo sie kaufen möchten, erst dort entschieden, online zu bestellen. Dies liegt unter anderem am mangelnden Kontakt mit Mitarbeitern auf der Fläche. Dieser findet nur vor jedem dritten stationären Kauf statt – meist, um Produkteigenschaften oder deren Auffindbarkeit zu erfragen. Der stationäre Handel schafft es in diesen Fällen nicht, die Kunden im Geschäft zu halten, da es an Kanalexzellenz mangelt. So müssen zentrale Faktoren – vom Mitarbeiterauftritt über die Ladengestaltung bis hin zur Sortimentsauswahl – im Sinne der Kundenzentrierung dringend optimiert werden.

Cross-Channel-Services als Hygienefaktor

Das Angebot von Cross-Channel-Services kann hierbei nur Hygienefaktor, aber keine erfolgsversprechende Lösung sein. Denn Konsumenten bewegen sich zwar mit zunehmender Intensität zwischen den Kanälen und sehen grundsätzlich Mehrwerte in kanalverknüpfenden Services, jedoch ist die Nutzung aktuell eher verhalten. Die Gründe dafür sind unter anderem eine mangelnde Kommunikation auf Händlerseite sowie eine fehlende Basis für Cross-Channel. Händlern gelingt es vielfach nicht, für Käufe in beiden Kanälen in Betracht gezogen zu werden. So wissen 20 bis 25 Prozent der Kunden nicht, ob der von ihnen gewählte Händler auch einen Online-Shop bzw. ein Ladengeschäft betreibt. Händler sollten sich daher zunächst auf die exzellente Ausgestaltung der einzelnen Kanäle konzentrieren, bevor sie das Thema Cross-Channel angehen – „Back to Basic“ lautet die erste Devise. Dabei sollten sie die Bedürfnisse ihrer Kunden stets im Blick behalten, da diese sehr unterschiedlich sein können und sich deutlich auf Präferenzen und Einkaufsverhalten auswirken. Kundenorientierte Services und das Einkaufserlebnis werden somit zu zentralen Aufgaben in der Plattformökonomie. Ein weiterer Schlüssel zum Erfolg liegt in der Initiative der Mitarbeiter im Ladengeschäft: Wer einen guten Service erfahren hat, kommt gerne wieder. Nur so haben stationäre Händler eine Chance, ihre Kunden – auch im „Amazon-Zeitalter“ – langfristig zu begeistern.

Die Studie „Cross-Channel – Quo Vadis?” des ECC Köln zeigt u. a., welche Bedürfnisse Konsumenten während ihres Einkaufsprozesses haben, wie groß der Gap zwischen Cross-Channel-Angeboten und ihrer tatsächlichen Nutzung wirklich ist und wie stark Amazon das Konsumentenverhalten schon heute steuert. Dabei werden einzelne Branchen, Zielgruppen und Kaufsituationen detailliert unter die Lupe genommen. Grundlage der Studie ist eine Befragung von 1.500 Konsumenten im März 2017. Die Studie kann im IFH-Online-Shop bestellt werden: www.ifhshop.de/ecc-cross-channel-studie

Img of Kai Hudetz

Kai ist seit August 2009 Geschäftsführer des IFH KÖLN und E-Commerce-Experte der ersten Stunde. Bereits 1999 hat er das ECC KÖLN gegründet.