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Den Customer Value optimieren: Wann und warum?

Wie die Customer Value Optimierung ihr Business gerade in Extremsituationen erfolgreicher machen kann und Kriseneffekte erheblich minimieren kann.
Michael Witzenleiter | 24.08.2020
Den Customer Value optimieren: Wann und warum? © Pixabay / TheDigitalArtist
 

Die aktuelle Weltgesundheitskrise mischt die Karten im Online-Business gehörig durch. Dabei treten meist sehr starke Extreme hervor. Während viele Shops und Medienseiten im Zuge der aktuellen Einschränkungen wahre Besucher- und Umsatzrekorde zu verbuchen haben- hierzu zählen zum Beispiel Food- und Sportartikel, Outdoor- und Gartenartikel etc., kämpfen andere mit sehr starken Traffic- und Conversion-Rückgängen (z.B. die Reisebranche, Eventdienstleister etc.).

 

In beiden Fällen lohnt sich die Rückbesinnung auf ein bereits aus dem CRM-Bereich altbekanntes Konzept, der Customer Value Optimierung. Diese basiert darauf einen Kundenwert bzw. einen Customer Lifetime Value zu kalkulieren und danach sein Handeln auszurichten. Üblicherweise wird dieser CLV auf Basis der Faktoren „Potenzial“ und „Umsatz“, in Kombination spricht man dabei sehr häufig vom „Share-of-Wallet“ (also dem Umsatzanteil des eigenen Unternehmens an den Gesamtausgaben des Kunden in einem Bereich) sowie der „Wahrscheinlichkeit“ definiert. Über die ideale Kalkulationsmethode und die passenden Business Intelligence-Tools ließen und lassen sich ganze Bücher füllen. Jedoch ist es aus Sicht des Autors entscheidender neben der Frage des absoluten Werts, sich auch die Frage nach den Phasen der Kundenbeziehung zu stellen. Diese lassen sich üblicherweise in 3 Hauptphasen einteilen.

 

Acqusition

Diese Phase beschäftigt sich stark damit über welche Kanäle, mit welchen Werbebotschaften, welche Zielgruppen auf die Seite gelangen. Ein häufiger Fehler der Conversion-Optimierung ist es diese Phase nicht oder als schlicht weg gegeben zu betrachten, zumal die Akquise bedingt wer mit welcher Motivation auf Basis welcher Erwartungen und Versprechungen auf die Seite kommt. Die momentan boomenden Shops stellen sich üblicherweise die Frage wie sie die Traffic-Kanäle noch ausbauen können, bzw. welche Einsparungen in den Kanälen sie vornehmen können, wenn das Handling weiterer Bestellungen im Shop nicht mehr möglich ist. Bei krisen-geschüttelten Geschäftsmodellen stellt sich derzeit als Best Practice heraus mögliche Einwände und Ängste idealerweise bereits in der Akquise-Phase zu adressieren und darüber Klickpreise und Conversion-Rate der Besucher zu optimieren. Beispiele hierfür könnten kostenfreie Stornomöglichkeiten oder Geld-zurück-Garantien sein.

 

Transaction

Diese Phase lässt sich meist in die Unterphasen: Willkommensphase, Neukundenphase und Entwicklungsphase unterteilen. Hier setzen häufig klassische Conversion-Optimierungs-Ansätze an, die die Rate der Erst- und Gesamttransaktionen steigern möchten.  Ein beinahe schon typisches Phänomen ist während und nach dem ersten Lockdown zu beobachten: Steigender Traffic aber sinkende Conversion Rate. Darüber wird häufig wohlwollend Stillschweigen bewahrt, da ja die Anzahl der Bestellungen und der Umsatz trotz allem sehr stark steigen. Dennoch wird hier viel Potenzial vergeben, da die Lösung des Problems sehr naheliegend und die Steigerung der Conversion Rate relativ gut in den Griff zu bekommen ist. Betrachten wir hierzu einmal wie es dazu kommt. Die durchschnittliche Conversion Rate eines Shops ist das Verhältnis zwischen Käufern und Besuchern des Shops. Je höher die Motivation und das Vorwissen zum Produkt und Shop sind, desto höher ist in der Regel auch die Conversion Rate des Shops. Dies erklärt warum das Verhältnis zwischen Bestands- und Neukunden bzw. neuen und wiederkehrenden Besuchern im Shop dafür eine zentrale Rolle spielt. Kurz gesagt, haben Shops mit hohem Bestandskundentraffic meist auch höhere Conversion Rates, da die Bestandskunden in der Regel bereits mit einer klaren Wiederkaufsabsicht in den Shop kommen und bereits einen höheren Motivations- und Informationsgrad mitbringen. Da in der momentanen Situation viele Shops einen höheren Anteil an neuen Besuchern zu verzeichnen haben, konvertieren diese meist schlechter im Vergleich zu wiederkehrenden Besuchern und die durchschnittliche Conversion Rate geht nach unten. Diesem Phänomen lässt sich auf vielfältige Weise entgegentreten. Die präferierten Empfehlungen des Autors sind jedoch die folgenden beiden:

 

1. Versetzen Sie sich in die Lage dieser neuen Besucher: Was wissen Sie bereits über Ihr Unternehmen, haben Sie Vertrauen bzw. wie hoch ist Ihre Kaufmotivation? Was treibt diese Besucher an? Sie wissen es nicht? Qualitative Analysen wie Mousetracking, Befragungen etc. oder quantitative Verfahren wie A/B-Tests, Personalisierungen und Marketing Automation Kampagnen können hier wichtige Insights liefern.

2. Behalten Sie das große Ganze, also den Customer-Lifetime-Value im Auge: Sie betreiben einen Shop für Pool- und Badartikel und haben zu Beginn der Krise Ihr Sortiment um Toilettenpapier erweitert? Dann werden Sie diesen Artikel vermutlich gar nicht oder bereits in Ihrer neuen Villa auf den Malediven lesen. Was damit gemeint ist? Es kann manchmal eine sehr clevere Strategie sein, den Kunden erst einmal über geringe Warenkorbwerte zur Ersttransaktion zu bringen und so sein Vertrauen zu gewinnen, um später dann die Bestellungen mit den großen Warenkorbwerten zu generieren. Je besser sie ggf. in Echtzeit das Potenzial Ihrer Kunden berechnen können, desto höher kann der potenzielle Ertrag dieser Strategie ausfallen. Denken Sie dabei auch an „Probierpakete“ oder besonders günstige „Einstiegsaktionen“.

 

Wie sieht aber ihr Handlungsplan aus, wenn Ihre Webseite/Ihr Shop nicht zu den profitierenden Branchen der Krise zählt? Versuchen Sie von der Loyalität und den positiven Erfahrungen Ihrer Kunden zu profitieren. Viele Kunden kaufen bereitwillig Gutscheine oder reservieren oder bestellen bereits für spätere Zeitpunkte um Ihren Lieblingsshop/Ihre Lieblingswebseite zu unterstützen. Sattelfeste Beziehungen entstehen meist in Krisensituationen. Die Art und Weise wie Sie momentan Reklamationen und Stornos behandeln oder auf die Bedenken und Ängste Ihrer Kunden und Besucher eingehen, kann sich für Sie langfristig auszahlen.

 

Retentionphase

Diese Phase besteht aus den Bestandteilen: Bestandskundenphase und Rückgewinnungsphase. Konzepte wie Empfehlungsmarketing und eine gute Kündiger-Rückgewinnung bzw. Reklamationshandling spielen dabei eine entscheidende Rolle. Moderne Echtzeit-Scoringverfahren erlauben es Ihnen beispielsweise automatisch oder in Form von Befragungen mögliche Promotoren, die Ihre Firma und deren Produkte weiterempfehlen gezielt zu identifizieren und zu aktivieren. Zum Beispiel indem Sie glückliche Kunden daran erinnern noch eine Bewertung für Ihr Angebot abzugeben oder über Empfehlungsmarketing Ihre Freunde und Bekannte für sie zu werben. Die Kündiger-Rückgewinnung lässt sich in aktive und passive Strategien unterteilen. Ein Kunde, der auf Grund der aktuellen Einschränkungen ihr Produkt de facto nicht nutzen kann, wird sich nur schwer zum Bleiben überreden lassen. Legen Sie ihm zusätzliche Steine in den Weg wird er es sich im Zweifel beim nächsten Mal doppelt überlegen noch einmal bei Ihnen abzuschließen. Durch ein positives Kündigungshandling wird der Kunde wohl gern seinen nächsten Urlaub wieder bei Ihnen buchen oder die nächsten Fußballtickets ordern. Wie angesprochen: Krisensituationen können die Kundenbindung noch enger werden lassen, oder sie komplett lösen. Es ist alles eine Frage dessen, wie mit der Situation umgegangen wird.

 

Fazit

Beschäftigen Sie sich gerade in Extremsituationen mit dem Customer Value. So können Sie aktuelle Erfolge noch ausbauen oder Misserfolge minimieren. In der Regel dürfte der Kundenlebenszyklus Ihrer Kunden vermutlich länger sein, als lokale Lockdowns und Einschränkungen. Verlieren Sie daher nicht den Blick auf den Kundenwert, den Sie jetzt schaffen können bzw. von dem Sie momentan profitieren können.

Img of Michael Witzenleiter

Michael Witzenleiter ist Managing Director bei Conversion Maker. Er berät Unternehmen im Bereich CVO.